Jugend und Parlament 2017 – Persönliche Erfahrungen

05.06.2017, 13:10 Uhr

Bei Jugend und Parlament werden jedes Jahr über 300 Jugendliche aus dem ganzen Bundesgebiet von Mitgliedern des Deutschen Bundestages nominiert und bekommen für vier Tage die Möglichkeit bei einem Planspiel das parlamentarische Geschehen zu simulieren. In diesem Jahr nominierte unser MdB Olav Gutting Lilly Hummel von der JU Bad Schönborn. Hier ihr Bericht:

Am Samstag, den 27.5.17, startete für mich das Abenteuer „Jugend und Parlament“ und die damit verbundene viertägige Reise in die Hauptstadt. Eingetroffen im Paul – Löbe Haus, lernten wir uns, insgesamt 313 Jugendliche aus ganz Deutschland, das erste Mal kennen und erfuhren, welche neue Identität wir für die kommenden Tage erhalten würden. Um das Planspiel so authentisch wie möglich zu gestalten, bekamen wir eine fiktive Rolle zugewiesen, und es sollte nun unsere Herausforderung sein, uns voll und ganz auf unser neues Leben, sowie unsere neue politische Ausrichtung einzulassen. So kamen wir am Abend erstmalig mit unseren neuen „Parteikollegen“ innerhalb unserer uns zugewiesenen Landesgruppen zusammen und stellten uns gegenseitig vor. Bereits am ersten Abend verließen wir das Reichstagsgebäude erst nach 23 Uhr und schnell wurde uns klar: Vor uns würden weitere drei Tage voller neuer Erlebnisse und Anstrengung liegen. Der nächste Morgen begann mit den ersten Fraktionssitzungen und der Wahl des Vorsitzes. Die drei Fraktionen der „Bürgerlichen Bewahrungspartei“, der „Partei für Gerechtigkeit und Solidarität“, als auch der „Partei für Engagement und Verantwortung“ versammelten sich in den verschiedenen Fraktionssälen des Deutschen Bundestages und das erste Mal schnupperten wir, die Abgeordneten auf Zeit, Parlamentsluft. Insgesamt diente der erste Tag zur Vorbereitung und inhaltlichen Auseinandersetzung der verschiedenen Gesetzesentwürfe. Behandelt wurden die Verankerung von Deutsch als Landessprache im Grundgesetz, die Etablierung direktdemokratischer Elemente, sowie mehr Tierschutz in der Landwirtschaft. Ich selbst durfte mit meinen Kollegen über einen fiktiven Bundeswehreinsatz in Afrika und dessen Ausgestaltung beraten und in Folge dessen ein Teil hitziger und kontroverser Debatten werden. Innerhalb unserer Arbeitsgruppen und –kreisen einigten wir uns innerfraktionär auf verschiedene Strategien und Forderungen für die Ausschusssitzung am darauffolgenden Tag. Es war sowohl herausfordernd und erschöpfend, als auch spannend und interessant sich mit globalen Problemen und dessen Lösungsansätzen auseinanderzusetzen, sowie sich auf einen Konsens zu einigen. Die Arbeit von einzelnen Arbeitskreisen der jeweiligen Fraktionen fügte sich nun am dritten Tag im Rahmen von dreistündigen Ausschusssitzungen zusammen. Gleichzeitig bedeuteten diese Besprechungen den ersten interfraktionellen Austausch und die Möglichkeit, Kollegen und die damit verbundenen unterschiedlichen Standpunkte der anderen Parteien kennenzulernen. Es wurde diskutiert, gestritten und hinterfragt, allerdings stets auf einer sachlichen Ebene, sowie in einem respektvollen Umgang miteinander. So empfand ich die Ausschusssitzungen als eine der interessantesten und produktivsten Stunden, die mir das Arbeiten eines Abgeordneten nachhaltig verdeutlicht haben. Im Anschluss legten wir innerhalb unserer Fraktion eine endgültige Strategie für die Beratungen im Plenum am Abschlusstag, sowie Redner der verschiedenen Arbeitsgruppen fest und verließen erneut spät, erschöpft, aber zufrieden das Regierungsviertel. Der nächste und gleichzeitig letzte Tag des Planspiels „Jugend und Parlament“ war voll und ganz dem Plenum gewidmet. Wir hatten die Ehre, selbst im Plenarsaal des Deutschen Bundestages Platz zu nehmen und unsere eigene Debatte aus den Augen eines Bundespolitikers zu erfahren. Beobachtet von Besuchergruppen auf der Empore, sowie von unseren Freunden und Verwandten, die Dank einer Live – Übertragung alles gespannt verfolgen durften, debattierten wir ganze drei Stunden über unsere Arbeit der letzten Tage. Es wurden einige kontroverse Fragen gestellt, Gedanken in Form von Zwischenrufen geäußert und nicht zuletzt, großartige, beeindruckende und authentische Reden gehalten. Insgesamt verschmolzen wir alle mit unserer fiktiven Identität und blühten in unserer Rolle als Politiker voll und ganz auf. Eine anschließende Podiumsdiskussion mit den (stellvertretenden) Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Fraktionen bildete einen gelungenen Abschluss vier lehrreicher Tage. Geleitet von ZDF Moderator Thomas Walde, diskutierten die vier Politiker Dr. Carola Reimann, Michael Kretschmer, Dr. Anton Hofreiter und Dr. Dietmar Bartsch über Herausforderungen ihres Berufsalltags und schilderten uns ziemlich offen, welche Konflikte durch ihre Aufgaben und Verantwortung auftreten können und wie sie selbst mit diffizilen und kontroversen Situationen umgehen. Das eigentliche Schlusswort jedoch, gehörte Norbert Lammert. Der Bundestagspräsident verabschiedete uns am Dienstagmittag und betonte in seiner Rede die Relevanz von politischer Teilhabe, sowie die der demokratischen Mitgestaltung gerade von jungen Menschen. Mit vielen neuen Kontakten, Erfahrungen und Erlebnissen begab ich mich nun schließlich auf die Rückreise, um die gewonnen Eindrücke zu verarbeiten. Insgesamt bot das Planspiel eine hervorragende Möglichkeit, sich direkt mit politischen Prozessen auseinanderzusetzen und einen unmittelbaren Einblick in das Leben eines Bundespolitikers zu erlangen. Weiter durfte ich unheimlich viele engagierte, junge Menschen kennenlernen, die mein Interesse an Politik teilen und mit denen ich viele nachhaltige Gespräche führen konnte. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich sehr herzlich bei unserem Bundestagsabgeordneten Olav Gutting, der mir die Reise nach Berlin und die Teilnahme an Jugend und Parlament möglich gemacht hat. Ich werde diese einmalig außergewöhnliche Zeit noch lange in Erinnerung behalten und mit Freude daran zurück denken. (Lilly Hummel)